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Die Arber-Hochstraße

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Dieser Bericht wird von der ESSO SB Station B. Wahlen aus Steinkirchen präsentiert.
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07.07.2021

Regenprasseln lässt mich an diesem Morgen erwachen. Auf ein nasses Zelt hätte ich heute ja verzichten können. Ist jetzt so. Ich werfe einen Blick auf das Regenradar. Knapp eine Dreiviertelstunde noch. Das geht ja. Den Rest des Tages soll es dann trocken bleiben und sogar aufheitern. Schon verrückt, was man mittlerweile alles nachschauen kann. Aber, ich glaube, das habe ich in einem früheren Bericht schon einmal angemerkt. Wie dem auch sei. Die Angaben vom Telefon bewahrheiten sich. Ich komme aus meinem Zelt gekrabbelt und muss mich erstmal mit den Heerscharen an Nacktschnecken anlegen, die meine Behausung mit schleimigen Spuren für sich beanspruchen. Ein widerliches Gesindel.

Als ich alles am Wagen verstaut habe, knurrt der Magen. Einen Supermarkt hat Bayerisch Eisenstein so nicht. Nur einen kleinen Tante-Emma-Laden. Es gibt Brötchen und Aufschnitt. Mehr benötige ich nicht. Etwas Süßkram, vielleicht. Aber das soll es dann sein. Ein Forst-, oder Straßenarbeiter in Verkehrswarnkleidung betritt das Geschäft. Das ist meine Möglichkeit. Ich möchte zum großen Arbersee. Möchte aber den Umweg über Zwiesel vermeiden. Ob die Wirtschaftswege zum Arbersee gut zu bewandern sind, möchte ich wissen. Ob ich da mit meinem Handwagen durchkomme, im Einzelnen. Das sei kein Problem. Die Wege durch den Wald sind alle einwandfrei. Wenn er das sagt? Er muss es schließlich wissen.

Nachdem ich mich an der Tankstelle dann noch mit Zuckerwasser eingedeckt habe, geht es hinauf auf die Wirtschaftswege und somit rauf auf den Berg. Zuvor fallen mir Schilder auf, die den Regen-Radweg beschreiben. Ich könnte also bis Zwiesel durch das Tal am Fluss entlang laufen. Das ist bestimmt schön. Aber da möchte ich ja nicht hin. Es wäre ein ziemlicher Umweg und bergauf muss ich ab da dann auch. Noch dazu entlang der Hauptstraße ohne Radweg. Daran kann ich mich nämlich noch erinnern, dass ab Zwiesel die Straße zum Arbersee keinen Radweg vorzuweisen hat. Nein, ich laufe durch den Wald.

Dass die Wege einwandfrei sind, kann ich nur zum Teil bestätigen. Wobei ich auch einen Fehler gemacht habe. Zuerst soll ich einem grünen Pfeil folgen, der den Weg zum See beschreibt. Eine Wanderroute. Nein, die nehme ich gewiss nicht. Der zweite Weg wird mit einer roten Acht markiert. Auch ein Wanderweg. Ich werfe einen Blick auf mein Telefon und folge der gepunkteten Linie, die man mir hier anbietet. Aber auch das stellt sich als Reinfall heraus. Einige Querwege, die mir angezeigt werden, gibt es in Wahrheit gar nicht. Beziehungsweise hat es sie in der Vergangenheit wohl schon gegeben. Nur jetzt nicht mehr. Alles ist verwachsen und Bruchholz versperrt an der Stelle den Weg. So muss ich mich doch mit einem der Wanderwege anfreunden und das wird die Route Nummer acht.

Auch wenn es durchweg eine breitere geschotterte Straße bleibt, Kraft kostet es mich dennoch ganz gewaltig. Ich schaffe immer nur wenige Meter und muss dann wieder verschnaufen. Die Heerscharen an Mücken rauben mir hier den letzten Nerv. Lotte sieht aus, wie ein Nadelkissen. Wahnsinn, wie viele der kleinen Blutsauger bei ihr gerade einen Tropfen abzapfen. Sie schüttelt sich und eine Wolke Mücken startet, um kurz darauf einen zweiten Anlauf zu wagen.

Knapp anderthalb Kilometer vor meinem Ziel komme ich mit einem älteren Ehepaar ins Gespräch, das von einem Nebenweg her zu mir stößt. Man hat das gleiche Ziel. Aber da ich bedeutend langsamer bin, trennen sich unsere Wege vorerst wieder.
Auf der Sonnenterrasse des Wirtshauses trifft man sich dann ein weites Mal. Auf den Vortag bezogen, war der Plan eigentlich mein Erreichen von Bayern mit einem deftigen Essen zu feiern. Es ist »nur« ein Wurstsalat geworden. Was sicher nicht zu verachten gewesen ist. Dennoch fühlt es sich bis jetzt an, als ob da etwas fehlt. Aber nicht mehr lange. Man stellt mir einen Schweinebraten mit Kartoffelklos vor. Was das Weiße auf der Dekoration wohl ist? Ich nehme die ganze Gabel und schiebe mir die Paste in den Mund. Einmal als Tipp an meine Leser. Wenn ihr nicht wisst, was auf eurem Teller ist, dann nehmt nicht alles auf einmal in den Mund. Ich gehe sinnbildlich an die Decke, als die etherischen Öle des Rettichs die Schleimhäute meine Nase erreichen. Ist das scharf! Eine Warnung wäre schön gewesen. Meine Sitznachbarn amüsieren sich köstlich.

Während wir nun da so hocken und plaudern, erfahre ich, dass das Pärchen aus Riedenburg kommt. Das ist ja verrückt. Da komme ich auch noch vorbei. In ein paar Tagen, so ist es geplant. Ich möchte durch das Altmühltal laufen. Die Phantasien gehen etwas mit uns Dreien durch. Vielleicht begegnet man sich dort ja ein zweites Mal. Man soll nie »nie« sagen.

Bild 1: Über Waldwirtschaftswege zum Arbersee – Bild 2: Ziel erreicht. – Bild 3: Am Scheitelpunkt der Arber-Hochstraße: Bretterschachten – Bild 4: Ein Blick ins Tal.

Zum späteren Nachmittag trennt man sich schließlich. Ich möchte es noch bis nach Bodenmais schaffen und muss dafür über die Arber-Hochstraße. Das ist zumindest der Plan. Der droht jedoch zu scheitern, da diese Passage wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Die Fahrbahn bekommt eine neue Asphaltdecke. Die Umleitung führt über Zwiesel. Bei dem Gedanken sträubt sich in mir ja alles. Demnach müsste ich mir mit dem regulären Verkehr und mit dem Umleitungsverkehr anlegen, der sonst über die Hochstraße gefahren wäre. Ich könnte durch den Wald zurück. Wäre dann aber an der Ausgangsposition vom Morgen. Was also tun?

Ich ziehe meinen Wagen langsam über die frisch asphaltierte Straße. Fühle immer mal wieder die Temperatur. Hier geht es. Lotte läuft im Grünstreifen und ist mit der Nase zwischen den Gräsern zugange. Ab und an kommt sie mal auf die Fahrbahn. Ich fühle erneut. Kein Problem.
Ich passiere einen Kipplaster, der seine Mulde noch aufgerichtet stehen hat. Da sitzt einer am Lenkrad. Ob es jetzt Ärger gibt? Nein. Alles lässig. Ob ich an der Baustelle mit meinem Wagen vorbei komme? Versuchen. Wenn ich es schaffe das Ding durch den Grünstreifen an der Asphaltiermaschine vorbeizuziehen, dann ja. Fahrradfahrer seinem auch schon vorbei gekommen. Naja, Fahrrad ist etwas anders, als das, was ich hier habe. Das kann ja etwas werden.

Mehrere hundert Meter später beginnt mir dann immer intensiver der Asphaltgeruch in die Nase zu steigen. Ich fühle die Fahrbahn. Jetzt wird es langsam warm. Auch zeigt sich ein leichtes Flimmern in der Luft ab. Es wird jetzt wirklich warm unter meinen Füßen. Lotte läuft im Grünstreifen. Da tauchen Walzen auf, die den Fahrbahnbelag weiter verdichten. Ob es jetzt Ärger gibt? Nein. Man schaut mich nur erstaunt an, als ich meinen Wagen mit langsamen Schritten vorbeiziehe. Hinter der nächsten Kurve entdecke ich dann die Asphaltiermaschine. Drumherum stehen bestimmt fünf, sechs Menschen. Einige drehen sich um, als man mich bemerkt. Jetzt Ärger? Fehlanzeige.

Irgendwann wird mir die Fahrbahn dann aber wirklich zu warm. Ich wechsel mit meinem Wagen in den Grünstreifen und jetzt beginnt der wahre Kampf für mich. Rückwärtsgehend zerre ich mein Geschoss Meter für Meter dichter an die arbeitenden Leute heran. Pause hier und Verschnaufen da. Ist das anstrengend. Erinnerungen an den unwegsamen Pfad vor zwei Tagen in Tschechien drängen sich in den Vordergrund. Zieh! Zeih weiter! Irgendwie!

Dann endlich bin ich mit den Bauarbeitern auf einer Höhe. Ärger gibt auch jetzt noch nicht. Ist das verrückt. Und schließlich ist es geschafft. Nun muss ich nur noch einige Meter zwischen mir und dem Trubel bringen und ich kann etwas zuschauen, etwas verschnaufen. Das ist schon interessant, was da so passiert. Kipplaster um Kipplaster kommt von oben her rückwärtsrollend zur Asphaltiermaschine. Kippt seine Ladung langsam ab und macht Platz für den Nächsten. Die Asphaltdecke wird mit, lasst mich lügen, vielleicht zwei Kilometer in der Stunde aufgetragen. Kann aber auch sein, dass die Maschine wesentlich langsamer ist.

Ich kann jedenfalls wieder auf der Straße laufen. Auf der Zwischendecke, wenn man so will. Die klebt ganz schön. Ich fühle mit der Hand. Nein, hier ist es kalt. Es kommt einem vor, als wenn man durch die Disco läuft und unzählige Getränke nicht im Schlund durstiger Gäste gelandet sind, sondern über den Boden geschüttet wurden.
Kurz vor dem Scheitelpunkt der Arber-Hochstraße komme ich dann mit einem der Arbeiter ins Gespräch. Dabei lerne ich, dass das Klebrige halt die Verbindungskomponente für die Deckschicht ist, auf der die Autos später fahren.

Dann ist es endlich geschafft. Ich erreiche Bretterschachten. Den Scheitelpunkt der Arber-Hochstraße. Über eintausendeinhundert Meter bin ich jetzt mit Lotte und Handwagen über dem Meeresspiegel. Ein irres Gefühl. Und ab hier geht es nur noch bergab. Jetzt kommt eine neue Gefahr hinzu. Die Kipplaster, die leer wieder talwärts rauschen. Es ist das erste Mal seit Reisebeginn, dass ich auf der linken Straßenseite laufe. Alles andere ist mir zu heikel.

Zum frühen Abend ist es dann endlich geschafft. Meine Beine fühlen sich wieder an wie Butter. Ich erreiche völlig durchgeschwitzt und schnaufend den Ort Bodenmais. Wo möchte ich denn jetzt nur schlafen? Oder besser worin? In Zelt und Schlafsack? Nein! Ich möchte ein Bett. Ein richtig echtes Bett. Eine Dusche und dann möchte ich zwei Tage nicht an Laufen denken müssen.

Start/Ziel: Bayerisch Eisenstein – Bodenmais
Laufstrecke: 17,42 km
Höhenmeter: 420 m
Zeit: 4:40 h
D.-geschw.: 3,73 km/h
Schritte: 27.794

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