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Mehr als tausend Meter über dem Meer!

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09.04.2017

Was macht man eigentlich, wenn man mitten in der Nacht aufschreckt, weil man glaubt einen Reißverschluss zu hören? Ich habe laut »Hallo« gerufen, meinen Klappspaten gegriffen und begonnen mein Zelt zu öffnen. Weiter habe ich nichts gehört. Keine Schritte. Kein Überhauptnichts. Ist es Einbildung gewesen? Es scheint so. Ich verharre noch etwas und lausche in die Dunkelheit. Ich muss geträumt haben. Also das Zelt wieder verschließen und versuchen noch ne Mütze Schlaf zu bekommen.

Ich habe mich auf der bisherigen Reise noch nie so langsam auf die nächste Etappe vorbereitet. So krabbel ich erst um halb neun aus meinem Zelt. Das Wetter ist herrlich. Die Vögel singen ihre Lieder. Der See liegt spiegelglatt vor mir. Rauch kommt aus dem Schornstein des naheliegenden Wohnhauses. Ich denke noch kurz an die Situation aus der letzten Nacht. Könnte der Besitzer? Er lässt sich die ganze Zeit auch nicht einmal draußen blicken. Naja, es ist Sonntag. Der wird pennen. Vielleicht.

Um halb elf setzt sich mein Tross in Bewegung. Mit dem einzigen Ziel die zweite große Steigung zu überwinden. Laut Navi bringt mich dieser Berg auf über tausend Meter. Wird bestimmt nicht einfach. Ich bin gespannt. Zuvor muss ich jedoch meinen Hintern aus diesem Tal heraus bewegen. Zum Glück habe ich gestern nicht bei Kilometer fünfundzwanzig die Segel gestrichen. So habe ich zumindest den halben Weg bereits hinter mir. Knapp zwei Kilometer habe ich jetzt noch die Steigung vor mir. Das bedeutet schieben.

Hinter Výsluni lege ich eine Pause ein. Gerade eine weitere Steigung hinter mich gebracht, gönne ich es mir etwas zu essen. Während ich da so am Straßenrand stehe, hält eine Auto. Deutsches Kennzeichen. Mit einer Begrüßung auf deutsch hat er nicht gerechnet. So kommen wir ins Gespräch. Wo ich hin wolle, fragt er mich. Bis nach Bayern runter, antworte ich. Erstaunte Augen sehen mich daraufhin an.

Wie ich fahren möchte, fragt er mich schließlich. Nach Navi, antworte ich. Karte habe ich so nicht dabei. Dann muss ich über den Keilberg rüber, meint er. Okay. Das wird die zweite große Steigung sein, die mir das Navi im Streckenprofil anzeigt. Soweit mache ich mir keine Gedanken. Hoch muss ich da sowieso. Ich könnte weiter nördlich fahren, bekomme ich als Tipp. Hätte dann aber den Fichtelberg auf dem Programm.

Bild 1: Ein lauschiges Plätzchen – Bild 2: Ein schöner Tag – Bild 3: Der Blick ins Tal vom Keilberg

Ganz toll. Keil- oder Fichtelberg. Wie jetzt entscheiden? Hoch sind sie beide, sagt er. Ach was?! Schließlich fällt die Entscheidung. Ich solle auf dieser Route bleiben. Der Keilberg hätte die bessere Straße zum Befahren. Also der Keilberg. Er wünscht mir noch viel Glück, ehe sich unsere Wege wieder trennen.

Was ich bis hier her nicht weiß: Der Keilberg ist mit knapp eintausendzweihundert Metern der höchste Berg im Erzgebirge. Schon auf der Anfahrt fange ich das Rechnen an. Um wie viel Uhr würde ich oben ankommen? Um sechs, oder gar erst sieben Uhr? Wo dann wieder schlafen? Die Akkus meiner technischen Geräte krebsen wieder auf dem letzten Fitzel Strom herum. Trotz strahlendem Sonnenschein schafft die Solareinheit es nicht die Geräte zu laden. Sie ist schlicht zu klein. Besonders für den gefräßigen Akku des Navis.

Was mich aber wundert: Ich bin bereits um fünf Uhr am Nachmittag dem Gipfel nahe. Völlig verrückt. Trotz schieben. Einige Passagen konnte ich sogar fahren. Eben das war sicher der Zeitgewinn. Oben soll ich die Hauptstraße verlassen. Ein befestigter Schotterweg führt in den Wald. Sicher eine Abkürzung, die das Navi kennt. So muss ich die große Schleife der Hauptstraße über den Berg nicht folgen.

Eine Abkürzung ist es wirklich. Der Schotterweg führt mich fast drei Kilometer in den Wald hinein. Auf der Hälfte überschreite ich die Kuppe. Innerlich reiße ich eine Sektflasche auf. Ich habe mich und meinen Tross tatsächlich auf über eintausend Meter geschafft. Mein Kopf brennt. Die Ohren noch viel mehr. Auf den ersten Metern der Abfahrt kommen mir Quadfahrer entgegen und gucken etwas verstört. Warum eigentlich? Der Weg ist doch gut.

Hab ich gedacht!

Es tauchen Bezeichnungen von Wanderwegen auf. Mein Weg mündet in eben so einen. Ein Waldwanderweg. Immerhin mit Spurrillen und nicht morastig. Dafür aber liegt hier oben Schnee. Jetzt habe ich wirklich alles gehabt. Also schiebe ich über den Wanderweg. Groß stören tut es mich nicht. Der Blick ins Tal ist herrlich. Da willst du also runter. Schon krass. Und von der anderen Seite bist du hoch. Stell dir mal vor, dass du von dieser Seite gekommen wärst. Erst jetzt bemerke ich, dass ich fast alle »Miststeigungen« als Abfahrt hatte.

Schließlich komme ich wieder auf einen Schotterweg. Ich kann talwärts rollen. Mega! Der Weg ist doch echt gut hier. Aber auch nur hier. Je tiefer ich komme, desto bescheidener wird die Straße. Es ist jetzt mehr eine Geröllpiste. Die Steine flippen unter meinen Reifen zu Seite. Ich und der Hund im Anhänger werden tüchtig durchgeschüttelt. Plötzlich kracht es. Ich habe einen Stein aufgeschleudert, der gegen die Halterung von meinem Schutzblech geschlagen ist.

Dieses baumelt nun lose an der letzten Befestigung herum. Schnell das Werkzeug rausgeholt und alles wieder zusammen getüftelt. Ich habe Glück und kann alle Teile zwischen den Steinen wiederfinden. Das Schutzblech etwas zurechtgebogen und es funktioniert alles wieder ohne scheuern. Glück gehabt. Zwanzig Minuten verliere ich dennoch. Als ich endlich im Tal, in dem Ort Hornízdár ankomme, taucht zu meiner Rechten gleich ein Hotel auf. Hunde sind auch erlaubt. Gekauft! Knappe achtunddreißig Kilometer habe ich heute geschafft. Das reicht jetzt aber auch.

Ich habe den höchsten Berg des Erzgebirges bezwungen. Ich habe gestrampelt, geschoben, geflucht und geschwitzt. Ich habe mir tierisch die Fresse verbrannt und die Abfahrt über eine Geröllpiste »überlebt«. DAS kann mir keiner nehmen!

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3 Comments »

  1. Hier ist richtig ungemütliches Wetter, am Ofen lässt es sich aushalten, hoffentlich habt ihr beide es nicht so nass. Grüsse auch an Lotte

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