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Im Herzen der Natur …

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08.07.2018

Gut, die Überschrift scheint ein wenig übertrieben. Sicher gibt es Orte, die weitaus abgeschiedener sind und dadurch nochmal etwas ganz Besonderes sind. Schaut man sich die zerklüftete Landschaft Islands an. Als Beispiel. Die schottischen Highlands. Irland. Norwegen. Okay, wir entgleiten etwas. Der Ort, von dem ich heute schreiben möchte, ist vielleicht nicht ganz so dramatisch. Aber es ändert nichts daran, dass ich es liebe hier hindurch zufahren. Ich liebe den Wasserlauf direkt neben der Straße. Wie sich der Fluss, wie eine Schlange durch das Tal windet. Die Bahntrasse, die dieses wie ein Messer durchschneidet. Immer mal wieder im Berg verschwindet, um an anderer Stelle wieder über eine Brücke zu führen. Ich habe letztes Jahr auf meiner großen Radreise durch Deutschland und Tschechien schon einmal über das Pegnitztal geschrieben.

Ich liebe diesen Ort. Es tut jedes Mal ein wenig weh, wenn ich Richtung Heimat unterwegs bin und in Velden das Tal Richtung Bayreuth verlassen muss. Anders herum geht gefühlstechnisch immer die Sonne auf, wenn ich auf der Anreise in das Tal eintauche. Wie ich es gefunden habe? Das Pegnitztal? Es war vor einigen Jahren. Ich hatte damals schon immr weniger Lust über die Autobahnen zu fahren. Dieses stupide geradeaus Gegurke. Angefangen haben meine Reisen in den Süden, wie quasi bei jedem. Über Hannover, Kassel, Würzburg. Später kam dann die Route über Lüneburg, Uelzen, Salzwedel, Gardelegen … dies war der erste große Abschnitt über Landstraßen. Von da ging es dann über die Autobahn Richtung Halle und weiter Richtung Nürnberg.

Bild 1: Die Pegnitz – Bild 2: So viele Gerüche – Bild 3: Malerische Wege

Doch auch das wurde mir mit der Zeit zu langweilig. Also habe ich damals über Karten gehangen. Virtuell aber auch ganz analog. Hier geschaut, dort geguckt. Getüftelt. Überlegt. Und schließlich habe ich eines Tages den Versuch gestartet. Als ich von Pilsach nach Hause fahren wollte, bin ich nur den Landstraßen gefolgt. Um ehrlich zu sein. Es hat ewig gedauert. Ich kannte noch nicht die vielen Möglichkeiten zwischen den kleinen Dörfern. Dann übersah ich auch mal Schilder und fuhr noch größere Bögen.

Aber jetzt? Einige Jahre später, macht mir so schnell keiner mehr etwas vor, wenn ich gen Süden fahre. Karten? Brauche ich längst nicht mehr. Das Navi? Lache ich aus. Sicher brauche ich gute acht Stunden, oder aber auch mal etwas länger. Was man unterwegs zu sehen bekommt, ist es aber immer wert, dass man etwas länger im Auto sitzt. Auch finde ich es für Lotte besser. Man kann überall mal anhalten. Hier mal durch den Wald schlendern und die Beine vertreten. Oder dort mal zwischen den Feldern hindurch.

Das ist auf den Autobahnen doch schlechter. Beweg mal den Hund auf einem Autobahnparkplatz. Da habe ich keine Lust zu. Die potenzielle Gefahr in eine Hinterlassenschaft eines anderen Menschen zu treten. Dazu der ganze Müll, der ja auch oftmals an solchen Orten achtlos hingeschmissen wird. Vor allem während sich alle auf der Autobahn im Stau annerven, rolle ich durch die Landschaft. Wirklich, ich mag meine »Über-Land-Reisen«.

Noch immer nicht topfit, aber weitaus motivierter, komme ich heute Morgen aus dem Bett. Schnell raus und Lotte das Nötigste verrichten lassen. Nach dem Frühstück geht es dann in den Wald. Zusammen mit der Andrea, dem Tobi, ihrem gemeinsamen Sohn und dem Hund Mogli geht es auf einen gemeinsamen Spaziergang.

Gegen Mittag heißt es dann Abschied nehmen. Vor mir liegen mindestens sechshundert Kilometer. Der Bauch knurrt. In Kainsbach mache ich Halt in »meinem« Wirtshaus, das mir damals auf meiner Radreise ein Bett zur Verfügung gestellt hat. Obwohl die Zimmervermietung damals nicht mehr zu deren Geschäft zählte. Während ich nun am Tisch sitze und mir den Schweinebraten schmecken lasse, kommt der Herr des Hauses aus der Küche. Ob ich wieder mit dem Fahrrad unterwegs sei, werde ich gefragt. Ich verneine. Man plaudert noch etwas, ehe ich bezahle und mich verabschiede.

Der Plan als solches, lebt schon länger. Einzig an der Umsetzung mangelt es. Das soll sich heute ändern. Die Sonne knallt vom Himmel. Der Fahrtwind pustet über die geöffneten Fenster ins Fahrzeuginnere. Lottes Ohren fluffeln im Luftzug. Ich düse gekonnt durch die engen Kurven. Der Flusslauf mal links von mir, mal rechts. Immer wieder tauchen Fußgängerbrücken auf. Wenn ich wirklich noch einen kleinen Wanderturn machen möchte, dann muss ich endlich einen Parkplatz finden. Velden ist nicht mehr weit weg. Ich muss mich entscheiden, wo ich denn nun anhalten möchte.

Bild 1: Ein Spiel aus Licht und Schatten – Bild 2: Steilfelsen des Flusstals – Bild 3: Eine der alten Eisenbahnbrücken

Kurz hinter der Ortseinfahrt zu Lungsdorf trete ich auf die Bremse. Ein, nennen wir ihn mal Kiosk, steht am Straßenrand. Das Leben brummt hier förmlich. Viele Leute sitzen auf den Holzbänken und gönnen sich ein Stück Kuchen oder etwas anderes. Wandersleute sind auch nicht wenige unterwegs. Radreisende. Ich lasse Lotte aus dem Auto und gehe die paar Schritte über die hölzerne Brücke zur anderen Flussseite. Ab hier ist der Kopf sinnbildlich leer. In einem Cartoon würde man jetzt wahrscheinlich bei mir im Oberstübchen eine Grille zirpen hören. Alles ist auf das Umfeld ausgerichtet. Die Augen verschlingen das Landschaftsbild. Die Farben. Die Nase saugt jeden noch so dezenten Duft auf. Die Ohren ergötzen sich am Plätschern der Pegnitz.

Langsam gehe ich den sandigen Weg entlang. Lotte eilt einige Meter voraus. Immer wieder bleibe ich stehen und lasse diesen Fleck besonders auf mich wirken. Das Moos auf den kleineren Steinen. Die Blätter auf dem Boden. Das Bruchholz. Die großen Steilfelsen, die immer mal wieder auftauchen. Die riesigen Brocken, die der Frost vor Jahren, vielleicht Jahrhunderten herausgesprengt hat. Diese Kolosse, die mit der Zeit von der Pflanzenwelt erklommen und erobert wurden. Die jungen Bäume, die in den Gesteinsrissen Halt gefunden haben und nun triumphieren ihre Äste in die Höhe recken.

Wenn man sich wirklich an etwas stören möchte, dann sind es die Auto- und Motorradgeräusche. Da die Hauptstraße hier stets in Sichtweite ist. Aber das bringt die Schmalheit, die Enge des Tales mit sich. Landschaftlich, das steht außer Frage, ist es eine Augenweide. Zu meinem Bedauern muss ich mich nun aber von dieser Schönheit losreißen. Es ist fast drei Uhr am Nachmittag. Ich muss Morgen arbeiten. Und ich habe noch einige Stunden im Auto zu sitzen. Es wiederstrebt mir, den Heimweg nun endgültig anzutreten. Ich fühle mich regelrecht angeschlagen, als ich die steile Straße in Velden aus dem Tal heraus nehme.

Es kommt mit dem thüringer Wald zwar noch ein weiteres Highlight. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich im Pegnitztal gerne noch viel länger geblieben wäre. Gut eine Stunde vor Mitternacht komme ich zu Hause an. Ein zweiter wundervoller Tag geht zu Ende. Ich habe es mal wieder in den Süden geschafft. Das hat echt gefehlt. Mal schauen, wann mich das Fernweh an diesen Ort zurückbringt …

Wenn es unter meinen Lesern jemanden gibt, der meine Route einmal nachfahren möchte. Sei es nun mit dem Auto oder dem Motorrad. Hier einmal die signifikantesten Ortschaften.

Soltau → Celle → Braunschweig → Bad Harzburg → Braunlage → Nordhausen → Erfurt → Gehren → Großbreitenbach → Katzhütte → Goldistal → Scheibe Alsbach → Steinheit → Steinach → Sonneberg → Kronach → Kulmbach → Bayreuth → Pegnitz → Plech → Viehhofen → Velden → Hohenstadt → Happurg → Schupf → Traunfeld → Deinschwang → Litzlohe → Pilsach → Neumarkt in der Oberpfalz

Um Braunschweig herum bis Bad Harzburg ist es angenehmer dort den Abschnitt über die Autobahn zu fahren. Ebenso um Erfurt herum. Gehren ist von der Autobahn her gut ausgeschildert. Anderer Orts hat man sich das mit der Wegweisung recht einfach gemacht und einfach an wichtigen Punkten »Alle Richtungen« angeschlagen. Für nicht Ortskundige eine Katastrophe.

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