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Fast geschafft!

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31.07.2018

Früh reißt es mich heute Morgen aus den Federn. Aber statt zusammen zupacken, nutze ich die Zeit zum Schreiben. Endlich kann ich einen Moment der Ruhe finden. Und, was soll ich sagen? Es fließt einer Flüssigkeit gleich aus den Fingern. Absatz um Absatz erscheint und bildet schlussendlich die Art von Erzählung, wie ich sie schon so manches Mal geschrieben habe. Es läuft so gut, dass ich noch weit vor Mittag fertig bin und bei Zeiten auf der Straße bin. Als Abschied hat man mir noch eine Tüte Haribo in die Hand gedrückt und mir alles Gute gewünscht.

Ich wander über die Störbrücke und folge wenige Kilometer der Bundesstraße, ehe ich dann doch nochmal mehr einsame Wege bewander. In dem Häuschen einer Bushaltestelle lasse ich mich nieder und frühstücke. Das Obst vom Vortag soll es sein. Leider schaffe ich es mehr damit mich einzusauen, als das ich es mir in den Mund stecke. Besonders die Nektarinen treiben mich in den Wahnsinn. Das war doch nicht so, als ich noch ein Kind war? Ich habe mich aufs Sofa gesetzt, ein Handtuch über die Oberschenkel, die Abfallschüssel obendrauf und dann wurden Unmengen dieser Früchte vertilgt. Was war damals anders, was du jetzt vergeigst? Das Fruchtfleisch löst sich, nicht wirklich vom Stein hab. Ich zerdrücke die Viertel anfänglich. Als ich merke, dass diese Art des Essens nicht funktioniert, wird das Ding wie ein Apfel gegessen.

So viel Saft! Es läuft in den Bart, läuft die Ärmel hinunter. Alles klebt. Alles backt. Ich dreh ab. So eine kleine Frucht und solch einen Ärger. Mein Wasservorrat dient heute mehr mich von der Sabsche zu befreien, als das ich es trinke. Da hält ein Polizeibus neben mir. Die Seitenscheibe öffnet sich und eine eisige Kälte kommt mir entgegen. Kühl werde ich gefragt, ob ich wisse, wo ich hin muss. Ich zeige in die entsprechende Richtung. Der Herr nickt, wünscht mir trocken viel Spaß und ist mit seiner Kollegin wieder verschwunden. Was war das denn? Komische Ordnungshüter hier. Ich fühle mich glatt an den ersten Rambo erinnert. Zum Glück haben die mich hier nicht eingekerkert, nur weil ich hier durchlaufe, wie man es im Film gemacht/versucht hat.

Bild 1: An der Störmündung – Bild 2: Containerschiffe in der Ferne – Bild 3: Richtung Neuendorf-Sachsenbande

Bis Wilster passiert weiter nichts. Okay, das Navi will mich auf die Bundesstraße fünf lotsen, die hier als Schnellstraße ausgebaut ist. Dämliches Teil! Ich schaue kurz, ob da nicht doch ein Radweg ist. Nein. Ich soll mich laut Navi auf der Fahrbahn bewegen. Im Leben nicht! So wander ich Richtung Ortskern. Die Entfernung nach Wacken schrumpft unaufhörlich. Das ist das, was mich fröhlich stimmt. Aber auch etwas nachdenklich werden lässt. Morgen ist alles vorbei. Zumindest die Pilgerreise. Ich werde fast etwas melancholisch. Die Füße schmerzen. Die Sonne knallt vom Himmel. Es ist nicht mehr derart heiß, wie es in der Lüneburger Heide noch der Fall war. Dennoch ist es heiß. Vieles des aufgezählten habe ich ab Morgen Nachmittag nicht mehr. Dennoch könnte ich noch weiter laufen. Auf der anderen Seite bin ich aber auch froh, dass ich das Ziel dann erreicht habe. Es ist dieses ›Für- und Wiedergefühl‹.

Zwei junge Kerle kommen mir entgegen. Ein von ihnen mit ellenlangen Dreadlocks. Freudig verkündet er, dass es nur noch sechzehn Kilometer bis Wacken seien. Wie ich gehen möchte, fragt er. Ich zeige das Navi, mache die Karte kleiner und deute den angezeigten Weg. So hätte er mich auch geschickt. Dann ist ja alles im Grünen. Wenn sich Mensch und Maschine einig sind. Weiter im Ortskern setze ich mich in den Dönerladen. Dort verbringe ich fast eine Ewigkeit. Von einem Gast erfahre ich, dass hier die letzte Möglichkeit ist, meine Vorräte aufzufrischen. Bis Wacken kommt nichts mehr und im Ort selber könne man es bei der Masse an Menschen auch vergessen. Also hier ein letztes Mal den Supermarkt gestürmt.

In dem Örtchen Neuendorf-Sachsenbande finde ich dann meine letzte Zwischenstation. Auf einem Milchviehhof kann ich mein Zelt aufschlagen. Hier lebt Lothar mit seiner Familie. Eingefleischte Metal-Hörer. Seine Frau Sandra ist, wie es der Zufall will, die Pressesprecherin der Polizei Steinburg und Dithmarschen. Dass da jetzt ein Wacken-Pilgerer bei ihr im Garten das Zelt aufschlägt, ist auch für sie etwas Anderes. Nacho, eine weiße Schäferhunddame hat es mir sofort angetan. Zwar ist sie im ersten Moment etwas scheu und motzt auch etwas mit mir, aber nachdem das Eis erst einmal gebrochen ist, habe ich eine neue Freundin. Man entschließt sich für den Abend den Grill heraus zuholen. So lerne ich die ganze Familie kennen. Während die Wurst auf dem Grillrost brutzelt, erzähle ich von einigen Erlebnissen, die ich auf meiner Reise erfahren durfte.

Die Nacht beginnt etwas holperig. Die Geräuschkulisse der Kühe im Stall lässt mich doch etwas schwerer einschlafen. Auch rumpelt es so komisch. Man hat mich im Vorwege gewarnt, dass der Hund gerne mal etwas zerkaut. Und nun dieses sonderbare Geräusch? Hat sich Nacho meinen Klappspaten gegriffen? Ich krabbel noch einmal aus meinem Zelt, um zu schauen. Nein, es sind die Kühe im Stall. Der Hund liegt vor meiner Schlafstätte und guckt mich mit großen Augen an. So schließe ich den Reißverschluss wieder und schlussendlich komme ich zur Ruhe …

Laufstrecke: 22,15 km
Zeit: 4:49 h
D.-geschw.: 4,93 km/h

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