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Nächtliche Störenfriede

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31.07.2020

Die Nacht war absolut traumhaft. Der Morgen soll es auch werden. Denn als ich gerade dabei bin meine Sachen wieder auf meinem Wagen zu verstauen, kommen meine Gastgeber um die Ecke. Im Gepäck ein großer Korb. Jetzt ist Frühstück. So sitzen wir im Schatten des Sportheims und lassen es uns gut gehen. Die Kleinste hält den Laden ordentlich auf Trapp. Essen? Still sitzen? Jetzt? Nein! Sie will gerne auf den Spielplatz. Sie hat das mit dem bitte noch nicht so drauf. Aber will gerne klingt wie ein halbes bitte. So sagt man mir. Schon drollig der kleine Wusel. Am Ende überreicht man mir noch Proviant. Limonade, Salami und Brötchen für mich. Lotte bekommt einen Beutel Futter. Dann kommt der Moment, dass man sich trennt. Diese Stunden werde ich, wie so manche im Vorwege schon, nicht vergessen. Es war absolut toll hier in Herda. Ich zottel mit besten Wünschen im Gepäck weiter. Mal schauen, wo ich heute Abend lande.

Ich laufe nun an der Suhl entlang. Schmaler Weg. Schotter. Die Sonne steht schon wieder recht hoch. Ich bin wieder erst spät am Vormittag gestartet. Die Suppe rinnt von der Stirn und der Wasservorrat schwindet schnell, beziehungsweise heizt sich zunehmend auf und beginnt mistig zu schmecken. Ich beobachte Lotte, wie sie neben mir läuft. Um ihre Pfoten mache ich mir gegenwärtig keine Sorgen. Auch wenn es sehr heiß ist, macht sie das super. Sie läuft im Grünstreifen oder einige Meter weiter weg durch die Felder. Die Nase klebt im Gras und die Mäuse haben hier für den Moment eine schwere Zeit. Das Bild ist göttlich. Lotte hechtet einen raumgreifenden Satz nach vorne. Der Hintern in den Himmel gereckt. Dann fängt die Rute das Wedeln an. Ich höre sie die Erde aus der Nase schnaufen. Und schließlich läuft Lotte weiter. Nur wenige Meter. Wieder ein Sprung. Nase im Grünen, Hintern im Himmel, die Rute zeigt den Gemütszustand an. Manchmal geht dann meine Fantasie mit mir durch. Ich stelle mir Lotte vor, wie mit anderen Hunden interagiert und berichtet, wovon sie gerade Teil ist. Was sie die letzten Tage alles erlebt hat. Und dann auf der anderen Seite der Hund, der neidisch auf sie ist. Aber das ist Hirnspinnerei. Oder doch nicht?

Bild 1: Die Kirche von Oberellen zwischen den Baumkronen – Bild 2 & 3: Über Feld- und Wirtschaftswege – Bild 4: Die Pfarrkirche neben dem Fachwerkturm der Schlossanlage Marksuhl

Bis Möhra passiert herzlich wenig. Ich stiefel meinen Stiefel so runter. Hier mal eine Pause, dort ein Zwischenstopp. Wie jeden Tag eigentlich. Nur dass es heute irgendwie noch einmal heißer geworden ist. Mein Wasservorrat ist schon wieder erschöpft. Da entdecke ich drei Fernradler. Denke ich im ersten Moment, dass es zwei Mädels und ein Typ sind, werde ich schnell eines besseren belehrt. Es ist anders herum. Die Jungs haben die langen Haare, wobei nein. Sie haben Dreads und Mädchen trägt kurz. Man komme vom Bodensee. Sei dort mit dem Fahrrad hin und ist jetzt auf dem Heimweg. Auch eine starke Tour und Leistung. Ich bekomme zum Schluss noch einen Hinweis, wo ich meine Wasserflaschen auffüllen kann und verabschiede mich.

In Neuendorf entdecke ich dann einen Angelteich. Hier schlafen wäre ja ein Traum. Es sind Schilder aufgestellt, dass das Grundstück privat sei und ein betreten verboten. Ich denke gar nicht daran. Zumal jemand anwesend ist. Also suche ich den Kontakt. Er deutet auf ein Haus in der Nachbarschaft. Dort müsse ich fragen. Dort wird man mir sicher eine Antwort geben können. Kann man auch, leider die, die ich nicht hören möchte. Also weiter. Im nächsten Dorf habe ich vielleicht mehr Glück. So gelange ich heute noch nach Witzelroda. Vielmehr hinter das Dorf. Im Ort selber kann man ich auch nichts gewinnen. Ich erblicke einen weiteren Angelteich. Auch hier Beschilderungen. Auch hier sitzt noch jemand am Wasser. Maik heißt er, und wie der Zufall es will, ist er der Besitzer des Gewässers. Zelten sei überhaupt kein Problem. Es gibt nur eine Bedingung. Dass ich keinen Müll liegen lasse. Leichteste Übung! Ob ich eine Toilette brauche? Wenn es möglich wäre? Er schließt mir das Klohäuschen auf. Wenn ich Morgen weiterziehe, soll ich einfach das Vorhängeschloss wieder zudrücken.

Dann sitzen wir zusammen in der Anglerhütte, trinken Bier und plaudern über die Schönheit der Natur und darüber worüber viele den Blick verloren haben. Ob ich unterwegs Musik höre? Einmal habe ich es bislang auf dieser Reise getan. Ansonsten einfach der Geräuschkulisse gelauscht, die im jeweiligen Moment um mich herum zu hören ist. Auch das hätten viele verlernt. Das mag sein. Maik erzählt mir von seinen Urlauben in Norwegen, wenn er dort die absolute Einsamkeit sucht und durch unberührte Wälder streift. Das Moos bis zu den Knien. Meine Gedanken schwimmen immer wieder weg und versuchen sie die Landschaft vorzustellen, die beschrieben wird. Ansonsten sind wir zwei uns gar nicht so unähnlich. Beide geben sich mit den kleinen Dingen zufrieden.

Bild 1: Ein herrlich blauer Himmel – Bild 2: Auf dem Weg nach Witzelroda – Bild 3: Mein Nachtlager am Angelsee

In der Nacht reißen mich Stimmen aus dem Schlaf. Jugendliche. Jugendliche mit Mist im Kopf. Sie wollen das kleine Boot am Steg des Sees losbinden und auf den See hinaus schubsen. Womit sie nicht gerechnet haben, dass hier heute jemand zeltet. Ich höre jedes Wort. Ob sich jemand traut und nachschaut? Lotte hebt den Kopf und spitzt die Ohren. Ich mache unterdessen meine Stirnlampe an. Ich höre weiter, wie sich einer von ihnen beschwert, dass hier nun jemand übernachtet. Ja, was wollen sie nun tun? Dass mein Zelt hell erleuchtet ist, scheinen sie noch nicht mitbekommen zu haben. Ich kann aber auch nicht sagen, wo sie sich gerade aufhalten. Ich höre sie nur. Dann wollen sie Nägel mit Köpfen machen. Das Boot soll auf den See hinaus. Just in diesem Augenblick schlägt Lotte an und die Bande nimmt die Beine in die Hand. Noch einmal höre ich die Beschwerde, wie es sein kann, dass hier jemand zeltet. Tja, der ganze »Scheiße-Bau-Plan« durchkreuzt. So hat es sogar etwas Gutes, dass ich hier gerade liege. Weitere Störungen gibt es nicht. Schließlich gleite ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht wieder in die Traumwelt hinüber.

Laufstrecke: 25,09 km
Höhenmeter: 168 m
Zeit: 4:51 h
D.-geschw.: 5,16 km/h
Schritte: 31708

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