An Meiningen vorbei. Abschied vom Werratal.
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03.08.2020
Am Vortag hat es in der Gegend gewittert. Die Temperaturen sind ein ganzes Stück gefallen. Lotte geht es wieder hervorragend. Alles war nur halb so wild. Sie hat lediglich eine heiße Sohle erlitten und zeigt sich wenige Stunden danach beim Laufen wieder völlig uneingeschränkt. Glück gehabt.
Nun gilt es aber, den Weg fortzusetzen. Dadurch, dass ich vor zwei Tagen nur dreizehn Kilometer gemacht habe, habe ich so ein bisschen das Gefühl verloren, wann ich am Ziel eintreffen könnte. Wobei eigentlich ist diese Aussage Quatsch. Ich habe die ganze Zeit keinen Schimmer, wann ich wirklich in Pilsach ankomme. Das bereitet mir auch leichte Kopfschmerzen. Schaffe ich das? Eigentlich sollte ich es. Aber was ist, wenn etwas schief geht? So wie vor zwei Tagen? Bislang ist ja auch noch alles heil geblieben. Am Anhänger und so. Die Luftmatratze ist noch in Takt. Das Zelt. Bin ich doch eigentlich anderes gewohnt.
Ich stapfe mit den letzten Boxen und Taschen die Treppe meiner Herberge hinunter. Lotte wuselt zwischen meinen Beinen, dass ich aufpassen muss. Dann ist sie weg. Sie hopst mit einem kleinen Mädchen über den Parkplatz. Der dunkle Lockenkopf wuschelt durch die Gegend. Die kakaofarbene Haut, die tief braunen Augen, aus denen die Lebensfreude nur so strahlt. Lotte ist hin und weg. Lauft mit zum Auto und schnüffelt am Kofferraum. Einzig der Vater wirkt zum Ende hin irgendwie genervt. Immer wieder kommen wir ins Gespräch. Und ich bin so dämlich und wünsche jedes Mal, wenn der Dialog beendet ist, eine ruhige Heimreise. Das mache ich gefühlt zehn Mal. Das fällt mir aber auch erst so ziemlich am Schluss auf. Vielleicht fühlt er sich gerade, wie ich es bei meinem Herbergsvater in Bad Sooden-Allendorf tat. Einen wunderschönen MONTAG Morgen!

Auf dem Fahrradwegweiser steht, dass Meiningen noch fünfundzwanzig Kilometer entfernt ist. Das ist dann doch eine angenehme Tagesetappe. Bei der heutigen Witterung sowieso. So rumpel ich schließlich davon. Haupt- und Wirtschaftsstraßen bringen Lotte und mich nach Wernshausen. Bis Schwallungen ein ähnliches Bild. Hier ist jedoch eine Besonderheit. Am Rastplatz Cralach treffe ich auf zwei Radfahrende Pärchen. Eines ist schwer mit Gepäck beladen. Das Andere radelt einfach nur so durch die Gegend. Kommt aber auch von hier. Ich bekomme den Tipp, dass ich mal zum Werraufer hinunter gehen soll. Dort sei eine Mineralwasserquelle. Das Wasser müsse man mal probieren, wenn man hier schon einmal durchkommt. Es hätte einen hohen Eisenanteil, welcher den Boden im Bereich der Quelle stark einrötet. Ein leichtes Prickeln hätte es auch. Und einen winzigen Schwefelanteil, dass das Wasser leicht muffig schmecken lässt. Zuerst sträube ich mich des Schwefels wegen. Dann siegt aber die Neugier. So übel, wie vorgestellt schmeckt er gar nicht. Ich fülle mir sogar einen Liter ab. Wann bekommt man schon mal völlig naturbelassenes Wasser zum Trinken?
Zwischen Schwallungen und Wasungen treffe ich wieder auf drei Radreisende. Zwei Herren und eine Dame. Man nutzt den Moment zum Plausch und Verschnaufen. Die Wirtschaftswege sind den Hauptstraßen gewichen. Viel Verkehr ist in diesem Bereich nicht. Aber es ist halt Hauptstraße ohne Fuß- und Fahrradweg. Hier ist es Lotte, die mir den letzten Nerv raubt. Die blöde Kuh hat eine Katze oder Ähnliches gesehen und ist davon gewetzt. Nun stehe ich hier, wie Piksieben, und warte. Es dauert nur wenige Minuten, ärgert mich aber ungemein. Lotte muss regelrecht aufpassen, dass sie sich nicht auf ihre Zunge tritt. So sehr hängt sie ihr zum Halse raus.
In Wasungen fällt die Pause dann länger aus. Ich werde zu einem Stückchen Kuchen eingeladen. Ein radreisendes Seniorenpärchen hat es sich an einer Bushaltestelle gemütlich gemacht. Wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, dass die Zwei Ende sechzig, Anfang siebzig sind. Als man mich entdeckt, werde herangewunken. Man sei aus Kiel und würde den Werraradweg abfahren. Ganz analog, natürlich. Ein Akkuantrieb kommt mal so gar nicht in die Tüte. Schon stark. Ein Foto von meinem Wagen darf natürlich nicht fehlen. So sitzen wir kurz darauf bei Kuchen und Plauderei in dem kleinen Bushäuschen und werden von vorbei gehenden Passanten beäugt.

Bis Walldorf geht es dann die ganze Zeit durch den Wald. Und irgendwie scheinen die Hinweisschilder nicht ganz zu stimmen. Ich habe schon über zwanzig Kilometer auf dem Tacho. Meiningen ist aber Immer noch über sieben Kilometer weg. Jedenfalls nach den Schildern, die hier angeschlagen sind. Umwege habe ich doch nicht gemacht? Komisch. Im Ort selber entdecke ich dann Hinweisschilder, die mich etwas betrüben. Es gibt hier eine Sandsteinhöhle, die man besichtigen kann. Geologie hatte ich ja schon immer ein gewisses Interesse für. Leider habe ich dafür keine Zeit. Zumindest sind es meine Gedanken, die es mir suggerieren. Ich will Meinigen heute schaffen. Koste es, was es wolle. Etwas von dem wieder rauslaufen, was ich vor zwei Tagen verpasst habe.
Für eine weitere kurze Pause mit Tunfischdose ist dann aber doch. Ein Anwohner kommt vor die Tür und drückt mir ein kaltes Bier in die Hand. Etwas verblüfft, aber dankbar greife ich zu.
Durch Meiningen renne ich dann ohne Umschweife hindurch. Auch hier eigentlich schade, weil es eine schöne Innenstadt haben soll. Keine Zeit. Ich muss Strecke machen. Ich weiß nicht, ob das wirklich nötig ist, aber ich will es machen. Ein, zwei Tage mehr Zeit im Gesamten hätte so manchen Tag sicher auch entspannter werden lassen. Lauf. Lauf einfach weiter. Vielleicht bringt mich das Fahrrad irgendwann noch einmal hier her. Dann kann ich immer noch gucken.
Ich suche Hinweisschilder, die auf den Meiningen-Haßfurt-Radweg hindeuten. Das soll mein nächster Weg Richtung Zwischenziel Bad Königshofen im Grabfeld sein. Von Anwohnern bekomme ich einen Tipp, wie ich laufen könnte. Vergeige die Wegweisung aber irgendwie. Sie haben mir einen Direktweg nach Bad Königshofen aufgezeigt. Ich habe aber nur diesen einen Radweg im Kopf, den ich dann auch finde. Die Sonne steht mittlerweile schon so tief, dass ich in etwa noch eine Stunde habe, ehe es dunkel wird. Meinigen liegt hinter mir. Auf einer abgemähten Futterwiese finde ich ein kleines Fleckchen Erde, dass kein Gefälle hat. Hier baue ich mein Zelt hin. Direkt am Wegesrand. Wenn sich jemand daran stört, kann er sich ja beschweren. Ich schlafe jetzt …
Laufstrecke: 33,51 km
Höhenmeter: 158 m
Zeit: 5:53 h
D.-geschw.: 5,68 km/h
Schritte: 42802
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