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07.08.2020
Der Bäcker in Pfarrweisach soll sehr auf alte Backtraditionen setzen, was die Auswahl und die Menge der Waren stark begrenzt. Wenn man später erscheint, kann es sein, dass es nichts mehr zu kaufen gibt. Und Helmut ist an diesem Morgen extra früher aufgestanden, damit ich Brötchen zum Frühstück habe. Es hätte zu keinem Zeitpunkt notgetan. Er hat es gemacht. Es sind sonderbare Gedanken, die mir an diesem Morgen durch den Kopf wabern. Da läuft jemand los und macht etwas, was er sonst nicht tut, nur damit es einem so gut wie möglich geht. Kneif mich mal bitte einer. Von Helmut bekomme ich später den Tipp, dass es in Ebern am Marktplatz ein Schuhgeschäft gibt. Seit zwei Tagen habe ich ein Druckgefühl an den Fußballen. Die vielen Schotterwege haben die Sohlen meiner Laufschuhe schnell abgenutzt.
So geht es an der Bundesstraße weiter Richtung Bamberg. Tristes Laufen unter einer brennenden Sonne. Lotte scheint zwar Spaß zu haben, man merkt ihr aber an, dass auch sie zu kämpfen hat. Auflockerung erfahren wir kurz vor Ebern. Ein Herr mit Fahrrad hält und begleitet uns gute zwei Kilometer zu Fuß. Seine Tochter ist auch gerade zu Fuß unterwegs. Die ist in Österreich und macht dort eine Fernwanderung über mehrere Berge. Jeden Tag muss sie dafür gute eintausend Höhenmeter überwinden. Ein straffes Programm.
Bevor ich aber den Schuhladen aufsuche, eile ich kopflos in den nächsten Supermarkt. Warum kopflos? Der Haupteingang befindet sich auf der Sonnenseite und die ballert gnadenlos von oben herab. Auf meinen Wagen und auf Lotte. Im Laden kann ich sie plötzlich spitz bellen hören. Immer wieder. Ich Idiot, schießt es mir in den Kopf. Ich haste zur Kasse. Vom Becker hat jemand Wasser bereitgestellt. Das ist aber nicht das Problem. Der Hund muss in den Schatten. Lotte klappt mir hier sonst ab. Just in dem Moment kommt eine ganze Kolonne an Autos auf den Parkplatz und versperrt mir den Weg zum nächstbesten Baum. Alter! Verschwindet! Mein Hund! Ich kann mich mit meinem Wagen durch eine Lücke quetschen und erreiche den Schattenplatz. Der Hund, wie ein Rummelboxer, sackt zu Boden. Mist! Mist! Mist! Wasser! Ich schiebe ihr den Klappeimer vor. Zumindest trinkt sie jetzt. Es ist gewaltig, wie sich ihr Brustkorb hebt und senkt, so schwer atmet Lotte. Verrückt, was fünf Minuten angerichtet haben. Ich setze mich daneben und streichele sie. Verflucht noch eins!
Während ich nun mit Lotte im Schatten verweile, höre ich plötzlich eine Stimme. Ich schaue auf und muss zweimal hingucken. Andreas, der Hobbyschrauber aus Gollmuthhausen? Ja, wie? Sag nicht, dass du mich gesucht hast? Er nickt. Er hat im Internet geschaut, wann und wo ich meine letzte Standortmeldung abgesetzt habe. Basierend auf der Information hat er spekuliert, wo ich in etwa sein könnte. Mit einem Auge beim Hund, plaudern wir eine ganze Weile. Ein älterer Herr gesellt sich noch zu uns. Seine Frau sei gerade einkaufen und er hat mich mit meinem Wagen gesehen und wollte mal fragen, was ich so mache. Langsam kommt wieder Bewegung in Lotte. Die Neugier lässt sie aufstehen. Zwei Leute hier und sie sagt nicht hallo? Das geht mal gar nicht. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Schließlich geht es für Lotte und mich weiter. Andreas verabschiedet sich von uns und knattert mit seinem Zweisitzmofa davon. Wobei die Sitzplätze nebeneinander sind. Ein uriges Gefährt. Quasi ein motorisiertes Sofa. Mit Dach.
Wenige hundert Meter später treffe ich am Marktplatz in Ebern ein und betrete das Schuhgeschäft. Die haben hier eine Klimaanlage. Die erste Frage, ob der Hund mit rein kann. Das sei gar kein Problem. Perfekt! So wuselt Lotte zwischen den Schuhregalen umher und erkundet die Räumlichkeit. Ich selber zeige mein Problem. Ja, die Schuhe sehen optisch noch super aus. Die Sohle ist das Problem. Wie alt die sind? Dreihundert Kilometer! Ich blicke in ein verdutztes Gesicht. Eine solche Altersangabe habe sie so noch nie gehört. Gut, wenn wir nach Tagen gehen wollen, dann sind es vierzehn. Vierzehn Tage haben die Sohlen der Schuhe gehalten.

Bis in den späten Nachmittag sitze ich dann mit Lotte im Außenbereich des nahegelegenen Eiscafés. Sie liegt im Schatten an die Wand gelehnt und schläft. Ich beobachte die Leute, die kommen und gehen. Ärger die Wespen zurück, die es wagen, meinem Getränk zu nahe zu kommen. Schließlich heißt es: weiter! Auf den ersten Metern folgt mir ein Polizeiwagen. Er könnte überholen, tut dies aber nicht. Habe ich etwas ausgefressen, wovon ich nichts weiß? Ich bin verwirrt. Nein, der Fahrer biegt in eine Parklücke. Wahrscheinlich hat er sich gedacht, dass er für die paar nachbleibenden Meter jetzt nicht den Wilden machen muss.
Zum Ortsausgang hin begegne ich einem Radreisenden. Neben den gesteckten Zielen kommt das Thema Ernährung auf den Tisch. Wie wir da gelandet sind? Keine Ahnung. Er meint, dass er seine Touren ohne große Zunahme von Zucker übersteht. Ich nicht. Doch? Mein Körper hätte alles? Sag doch gleich, dass ich übergewichtig bin! Das war so nicht gemeint? Mir hat mal jemand gesagt, dass die Profiradsportler nach ihren Etappen Limonade und Schokolade essen, weil der Köper den Zucker so durchheißen würde. Ich weiß, dass der Vergleich zu mir hinkt! Ich meine nur! Ich bin über drei Wochen unterwegs. Wenn mein Kreislauf nicht auf Hochtouren arbeitet, dann weiß ich es auch nicht. Ich heize den Stoff momentan auch so durch. So wünscht man sich einen guten Weg und trennt sich.
Irgendwie habe ich Lust auf ein Hotelzimmer. Die Beine noch mal etwas hochlegen. Ich bin um und bei zwanzig Kilometer von Bamberg entfernt. Von dort aus sind es in etwa noch einhundertzwanzig zu gehen. Das habe ich in den letzten vier Tagen fast geschafft. Am vierzehnten August möchte ich ankommen. Das wären noch volle sieben Tage. Einer davon soll noch einmal ein Ruhetag werden. So versuche ich mein Glück in Reckendorf. Ohne Erfolg. Dafür lande ich in einer ganz kleinen Dorfbrauerei. Das Erzeugnis möchte gekostet werden. Bier her! Bitte. – Das ist nicht schlecht. Nicht zu herb. Schön süffig. Ich komme mit meinen Tischnachbarn ins Gespräch. Auch der Wirt schaltet sich in die Suche nach einem Zimmer ein. Nein, in diesem Dorf werde ich kein Glück haben.
Im nächsten Dorf, in Reckeneusig, finde ich auch nichts. Jedenfalls nicht genau das, was ich suche. Zum Ortsausgang läuft dann ein Herr mittleren Alters neben mir. Wo ich herkomme? Wo ich hinmöchte? Ob mir etwas fehlt? Kurz alles erklärt, meint er, ich soll mich nicht von der Stelle rühren. Ich sehe nur Rücken, als er über die Straße eilt. Was der wohl vorhat? Dann sehe ich hochgereckte Arme, die hinter einem Busch erscheinen. Ich soll herüberkommen. Dann erklingt eine Trompete. Was denn jetzt? Es ertönt das Lied »Hoch auf dem gelben Wagen«. So lerne ich Franz kennen. Der Trompetenspieler, der mir bei meiner Ankunft ein Ständchen spielt. Wieder so ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Helga eilt ins Haus und holt ein kühles Getränk. So sitze ich wenig später mit unterm Vordach. Später steht mein Zelt an den Ufern des Sendelbaches.
Laufstrecke: 20,81 km
Höhenmeter: 89 m
Zeit: 3:50 h
D.-geschw.: 5,41 km/h
Schritte: 27031
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